Sind Sie Diabetiker und älter als 40 Jahre? Leiden Sie an Bluthochdruck und nehmen Sie deswegen regelmäßig Medikamente ein? Oder steht bei Ihnen eine Organtransplantation bevor? Wenn ja, dann sollten Sie hier weiterlesen. Es geht um Ihre Zahngesundheit und um den Erhalt Ihrer Zähne.
Erkrankungen des Zahnfleischs und manche Allgemeinerkrankungen können sich unter Umständen gegenseitig beeinflussen. So ist seit langem bekannt, dass die Zuckerkrankheit in ihrem Verlauf davon beeinflußt wird, ob eine unbehandelte Zahnbettentzündung (Parodontitis) vorliegt oder nicht. Umgekehrt ist das Risiko für einen Diabetiker, an einer schweren Parodontitis zu erkranken, höher als beim Gesunden. Darüber hinaus haben bestimmte Medikamente, die über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, Einfluss auf die Gesundheit des Zahnfleischs. Sollten Sie davon betroffen sein, ist es wichtig, diese Zusammenhänge zu kennen. Nur so können Sie sich wirkungsvoll vor Zahnverlust schützen.
In den westlichen Ländern leiden bis 5 Prozent der Menschen an Diabetes mellitus - der „Zuckerkrankheit". Vermutlich wird nur die Hälfte der Erkrankten erkannt. 80 Prozent aller Diabetiker sind über 40 Jahre alt; vor dem 15. Lebensjahr leidet eines von 2.000 Kindern daran.
Die Zahnärzte wissen heute, dass eine nicht behandelte Parodontitis bei Diabetikern schneller und heftiger verläuft. Außerdem leiden Diabetiker häufiger unter Wundheilungsstörungen nach Zahnextraktionen, Zahnfleischabszessen, Zahnfleischentzündungen mit Ulzerationen (Geschwüren) und Rhagaden (Rissen) in den Mundwinkeln. Eine durch Einnahme bestimmter Medikamente verursachte Mundtrockenheit kann diese Symptome noch verstärken.
Sowohl Typ II-Diabetiker (Erwachsene mit primär nicht-insulinabhängigem Diabetes) als auch Typ I-Diabetiker (früher: insulinabhängiger Diabetes im jugendlichen Alter) haben ein 3-fach höheres Risiko für eine Parodontalerkrankung als Nicht-Diabetiker. Außerdem erhöht ein schlecht eingestellter Diabetes das Risiko für Knochenverlust im Kiefer und für einen schwereren Verlauf der Parodontitis. Ein gut eingestellter Diabetiker hat dagegen kein höheres Risiko als ein Gesunder.
Umgekehrt beeinflusst eine nicht erkannte oder nicht behandelte Parodontitis den Schweregrad und die Einstellbarkeit des Diabetes erheblich. Deshalb ist es so wichtig, zur Verbesserung des Diabetesstatus bestehende Parodon talerkrankungen konsequent zu behandeln.
Je besser Ihr Diabetes eingestellt ist, desto erfolgreicher wird die zahnärztliche Behandlung sein.
Nierenerkrankungen und Dialyse
Ein Diabetes mellitus kann - vor allem bei schlechter Blutzuckereinstellung - auf Dauer die Nieren schädigen. Ebenso können Nierenerkrankungen unabhängig auftreten. Diese können sich über längere Zeit entwickeln, verschlechtern und eine Dialyse (Blutwäsche), nicht selten eine Nierentransplantation, erforderlich machen.
Gerade für Nierenkranke ist eine entzündungsfreie Mundhöhle von besonderer Bedeutung. Häufig vernachlässigen Dialysepatienten wegen der Dauerbelastung ihre Mundhygiene. Karies und Parodontitis können die Folge sein. Weil die Parodontitis eine Belastung für den Organismus darstellt und andere Organerkrankungen begünstigen kann, sollte der Mund- und Zahnpflege große Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Wichtig sind also eine optimale Mundhygiene und ein saniertes Gebiss.
Organtransplantation
Gesundes Zahnfleisch und die Beseitigung von Kariesschäden sind vor einer Organtransplantation unbedingt anzustreben. Daher sollten Sie sich vor einer Transplantation zahnärztlich untersuchen lassen. Danach entscheidet Ihr Zahnarzt in Absprache mit Ihrem Internisten, welche Behandlungsmaßnahmen durchzu führen sind.
Als organtransplantierter Patient gelten Sie in der zahnärztlichen Behandlung als „Risikopatient": Sie erhalten eine immunsuppressive Langzeittherapie, die die Abstoßung des Organtransplantats verhindern soll. Meist wird hier Cyclosporin A verabreicht. Häufig ist die Behandlung mit blutdrucksenkenden Mitteln, u. a. Kalziumantagonisten, notwendig.
In vielen Fällen entwickeln sich dann Zahn fleischwucherungen (Gingivahyperplasien) als Nebenwirkungen dieser Medikamente. Diese Wucherungen können unterschiedliche Ausprägungen erreichen. Zu Beginn erscheint die an sich straffe, feste Oberfläche des Zahnfleischs zerfurcht und blumenkohlartig verändert. Danach kann eine wulstige Verdickung entstehen.
Diese begünstigt die Bildung von bakteriellen Zahnbelägen und erschwert die Zahnpflege. Eine Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) ist die Folge.
Bluthochdruckmedikamente und Zahnfleischwucherungen
Zur Behandlung des Bluthochdrucks (Hypertonie) werden heute häufig Medikamente verordnet, die über lange Zeit eingenommen werden müssen. Bei einer Gruppe dieser Präparate, den so genannten Kalziumantagonisten vom Nifedipin-Typ, können Wucherungen des Zahnfleischs entstehen. Sie sind belastend, nicht nur, weil gewuchertes Zahnfleisch unschön aussieht, sondern auch, weil in fortgeschrittenen Fällen das Kauen erschwert ist. Daneben begünstigt gewuchertes Zahnfleisch die Plaquebildung. Eine chronische Entzündung wird provoziert, Zahnverlust kann die Folge sein.
Bei allen besprochenen Allgemeinerkrankungen treten Veränderungen des Zahnfleischs besonders dann auf, wenn neben der Erkrankung und neben der Einnahme von Medikamenten Zahnbeläge vorhanden sind. Daher ist Ihre Mitarbeit für den Erfolg aller Bemühungen von größter Bedeutung. Wichtig ist vor allem eine regelmäßige und effiziente Mundhygiene*. Dazu gehören gründliches Zähneputzen und ganz besonders die Reinigung der Zahnzwischenräume, weiterhin Fluoridierungsmaßnahmen zum Schutz vor Karies, z.B. mit fluoridhaltigen Zahnpasten, Mundspüllösungen sowie Fluoridgelees.
Gerade für die Prophylaxe hat Ihr Zahnarzt hochwirksame Betreuungs- und Behandlungs-Konzepte entwickelt. Fragen Sie ihn zu professioneller Zahnreinigung und individuellen medizinischen Behandlungsmöglichkeiten zur Erhaltung Ihrer Zahngesundheit. Hier stehen Ihnen Ihr Zahnarzt und sein Team gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Ergänzt werden sollten Ihre eigenen Bemühungen durch eine mindestens zweimal jährlich durchgeführte professionelle Zahnreinigung. Hierunter versteht man die gründliche Entfernung aller weichen und harten Zahnbeläge durch speziell weitergebildetes Personal, verbunden mit einer individuellen Information über Möglichkeiten, die Mundhygiene zu optimieren. Bei fortgeschrittenen Zahnfleischwucherungen kann es trotz allem notwendig werden, die gewucherten Zahnfleischanteile chirurgisch abzutragen.
Alle Maßnahmen - vorbeugende wie chirurgische - müssen zwischen den betreuenden Fachärzten und dem Zahnarzt abgesprochen werden.
In den USA kommt etwa jedes zehnte Kind zu früh auf die Welt; in Deutschland liegt die Frühgeburtenrate bei 6 bis 8 Prozent. Trotz medizinischer Fortschritte und verbesserter Schwangerschaftsvorsorge hat sich an dieser Tatsache seit Jahren nicht viel geändert. Worin liegen also die Ursachen? Zu den bekanntesten Risikofaktoren für eine Frühgeburt zählen sicher Rauchen und Alkoholgenuss während der Schwangerschaft. Dass aber auch eine bakteriell ausgelöste Entzündung in der Gebärmutter und sogar Entzündungen in anderen Körpergeweben, wie eine Erkrankung des Zahnbettes, die Schwangerschaft beeinflussen können, wird erst in den letzten Jahren in Fachkreisen diskutiert. Studien amerikanischer Mediziner haben gezeigt: Bei Frauen mit unbehandelter Zahnbetterkrankung ist das Risiko einer Frühgeburt um mehr als das Siebenfache erhöht.
Komplikationen bei der Schwangerschaft
Nach neueren Erkenntnissen sind überwiegend bakterielle Infektionen in der Gebärmutter der Auslöser für eine Frühgeburt. Als Reaktion auf eine solche Infektion produzieren das Immunsystem und die beteiligten Gewebe so genannte Entzündungsmediatoren (Prostaglandine und Interleukine). Sie aktivieren die körpereigenen Abwehrmechanismen und können sowohl eine vorzeitige Wehentätigkeit als auch einen Sprung der Fruchtblase auslösen. In Verbindung mit einer verfrühten Erweichung des Muttermundes - auch durch eine bakterielle Infektion herbeigeführt - kann es dadurch zu einer Frühgeburt kommen.
In den USA weisen heute Studien darauf hin, dass auch eine Parodontitis - eine Entzündung in einem von der Gebärmutter sehr viel weiter entfernten Bereich des Körpers - den Schwanger schaftsverlauf verkürzen und damit das Geburtsgewicht von Neugeborenen beeinflussen kann. Prof. Steven Offenbacher von der Universität Chapel Hill in North Carolina, USA, hat den Gesundheitszustand des Zahnhalteapparates von Frauen innerhalb von drei Tagen, nachdem sie ein Kind vorzeitig zur Welt gebracht hatten, untersucht. Bekannte Frühgeburtsrisiken wie Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum, Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen, vorangegangene Schwangerschaften, Infektionen des Genitaltraktes und Ernährungsfehlverhalten wurden in die statistische Auswertung mit ein bezogen. Unter Berücksichtigung all dieser bekannten Risikofaktoren zeigte sich, dass eine unbehandelte Parodontitis das Risiko einer Frühgeburt um das 7,5fache erhöhte. Daten aus weiteren Laboruntersuchungen stützen diese Ergebnisse. So konnte nachgewiesen werden, dass bei Müttern, die untergewichtige und zu früh geborene Kinder zur Welt gebracht hatten, eine größere Menge der Entzündungsmediatoren Prostaglandin und Interleukin in der entzündeten Zahnfleischtasche vorhanden war als bei Frauen, die normalgewichtige Kinder geboren haben. Inwieweit eine Parodontitis Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf haben kann, lässt sich derzeit nur vermuten. Fachleute nehmen an, dass entweder Bakterien aus blutenden Zahnfleischtaschen oder Giftstoffe, die von diesen Bakterien produziert werden, in die Blutbahn geraten und so zu weit entfernten Geweben des Körpers gelangen. Ist gleichzeitig die körpereigene Abwehr geschwächt, kann es zu den oben beschriebenen Wechselwirkungen kommen.
Tief durchatmen tut gut und entspannt, solange die Atemwege gesund sind. Beeinträchtigt werden kann ihre Gesundheit jedoch durch verschiedene Risikofaktoren, zu denen auch die Bakterien des Zahnbelags zählen. Vor allem die Keime, die für Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) und Zahnbetterkrankungen (Parodontitis) verantwortlich sind, können eine chronische oder akute Erkrankung der Atemwege auslö sen. Besonders anfällig scheinen ä ltere Menschen und bettlägerige Patienten zu sein. Denn um ihre Mundhygiene ist es häufig schlecht bestellt, ihr Immunsystem ist geschwächt. Mit gezielten Maß nahmen lassen sich diese Folgeerkrankungen jedoch weitgehend vermeiden und die Lungen funktion kann erhalten werden.
Bei gesunden Menschen mit intaktem Immunsystem tritt eine Lungenentzündung nur sehr selten auf. Ist die Allgemeingesundheit jedoch geschwächt, können Bakterien, Viren und Pilze eine Lungenentzündung auslösen.
Gelangen Bakterien bei Menschen mit einer geschwächten Abwehr aus dem Nasen-Rachen-Raum oder der Mundhöhle in die Lunge, können sie dort nicht mehr bekämpft werden. Die Folge: eine Infektion der Atemwege. Das Risiko einer solchen Erkrankung steigt, wenn Schadstoffe wie Zigarettenrauch, Staub oder Gase, in die Lunge gelangen und deren Selbstreinigungsfunktion sowie das Immunsystem beeinträchtigen. Die Folgen: chronische Bronchitis, Lungenemphysem oder Lungenentzündung.
Neuer ist die Erkenntnis, dass auch Bakterien aus dem Zahnbelag und aus den Zahnfleischtaschen für eine Lungenentzündung verantwortlich sein können. Bestätigt wurde der Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Atemwegserkrankungen in zwei umfangreichen Untersuchungen in den USA. Das Ergebnis der ersten Studie: Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen wiesen eine schlechtere Mundhygiene, mehr Zahnstein und mehr erkrankte Zähne auf als Patienten ohne Atemwegserkrankungen.
Die Ergebnisse der zweiten Studie, in der die Wechselbeziehung von parodontalem Knochenabbau und chronischen Atemwegserkrankungen untersucht wurde, bestätigt diese Wechselwirkung: Je größer der Verlust des Kieferknochens aufgrund einer Parodontitis, desto st ä rker die Beeinträchtigung der Lungenfunktion bei Patienten mit einer chronischen Bronchitis.
Bei Rauchern ist das Risiko besonders groß. Denn Rauchen schänkt zum einen die Lungenfunktion ein, zum anderen steigert es die Gefahr, an einer Parodontitis zu erkranken. Aber auch Patienten auf einer Intensivstation, in Pflegeheimen oder einer Rehabilitationsklinik für Alterserkrankungen sind besonders betroffen. Untersuchungen haben gezeigt, dass gerade dort schlechte Mundhygiene-Verhältnisse herrschen und gleichzeitig eine besondere Anfälligkeit für Lungenentzündungen vorliegt.
Doch auch bei diesen Patienten können gezielte Prophylaxemaßnahmen zu einer Verhinderung von Atemwegserkrankungen beitragen und die Lebensqualität entsprechend steigern.
Lösen sich in einer Stahlbetonbrücke langsam und schleichend die tragenden Stahlseile auf, bricht irgendwann die Brücke unter ihrer eigenen Last zusammen. Ähnlich lässt sich der Krankheitsverlauf bei Menschen beschreiben, die an einer Osteoporose erkrankt sind: Die Knochenmasse schwindet, die tragenden Knochenbälkchen lösen sich langsam auf und schließlich wird der Knochen brüchig. Auch am Kieferknochen lassen sich Spuren des Knochenverlustes aufgrund einer Osteoporose nachweisen. Ob das Risiko für eine Parodontitis grundsä zlich durch eine Osteoporose erhöht wird oder beide Erkrankungen nur auf die gleichen Faktoren zurückzuführen sind, wird derzeit noch erforscht.
Etwa 5 bis 7 Millionen Menschen sind nach offiziellen Schätzungen in Deutschland an einer Osteoporose erkrankt, darunter mehr Frauen als Männer. Frauen leiden häufiger an dieser Krankheit, weil mit Beginn der Wechseljahre der Körper keine Östrogene mehr produziert, die den Knochen schützen könnten. Jede dritte Frau und jeder sechste Mann über 50 Jahren lebt mit dem Risiko, einen durch Osteoporose bedingten Knochenbruch zu erleiden. Nicht nur die am häufigsten betroffenen Knochen (Wirbel, Beckenknochen, Oberschenkelhals, Arme, Finger und Rippen) werden dabei in Mitleidenschaft gezogen. Auch am Kieferknochen kann sich die Knochendichte verringern.
In zahlreichen Studien wurde eine solche Wechselbeziehung zwischen der Knochendichte der Skelettknochen im Körper und dem Unterkieferknochen nachgewiesen. Weitere Untersuchungen bestätigen, dass zwischen Osteoporose und dem Knochenabbau am Zahnhalteapparat sowie dem Zahnverlust ein Zusammenhang besteht. So hat sich gezeigt: Frauen mit Osteoporose in und nach den Wechseljahren haben mehr Zähne verloren oder sind häufiger zahnlos als Frauen in derselben Altersgruppe mit einer vergleichsweise normalen Knochendichte. Unter Berücksichtigung weiterer Faktoren kamen die Wissen schaftler deshalb zu dem Schluss: Osteoporose kann ein Risikofaktor für Parodontitis sein.
Da es sich bei der Osteoporose jedoch nicht um eine entzündliche, den gesamten Körper betreffende Erkrankung handelt, die Parodontitis aber eine durch Bakterien ausgelöste Entzündung ist, sind eine Reihe von Fragen noch ungeklärt. Etwa ob die Osteoporose einen direkten Einfluss auf die Parodontitis oder lediglich auf den durch Mineralverlust bereits geschwächten Knochen hat.
Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.v.
Bundeszahnärztekammer