Gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch sind nicht nur Gebrauchswerkzeuge zum Essen und Sprechen, sondern auch unser natürlicher Schmuck. Sie bis ins hohe Alter gesund zu halten, muss heute kein Wunschtraum mehr bleiben.
Sind Zahnfleischentzündungen und Zahnverlust Schicksal oder vermeidbar?
Entzündungen des Zahnfleisches (Gingivitis) und des Zahnhalteapparates (Parodontitis) gehören zu den häufigsten Krankheiten des Menschen. In Deutschland beträgt die H äufigkeit der an einer Gingivitis erkrankten 18-Jährigen etwa 95 Prozent.
Die Parodontitis wird meist erst im vierten oder fünften Lebensjahrzehnt bemerkt, obwohl die ersten Krankheitszeichen viel früher vom Zahnarzt feststellbar sind. Daneben gibt es seltenere Formen, die unbehandelt schon bei jungen Erwachsenen zu Zahnverlust führen können. Die Parodontitis ist bei Erwachsenen nicht nur die häufigste Ursache für Zahnverlust mit all seinen Konsequenzen. Neuere Untersuchungen zeigten, dass eine unbehandelte Parodontitis das Risiko für Herzerkrankungen und Diabetes erhöhen kann. Mehr noch: Sogar Frühgeburt und niedriges Geburtsgewicht können mit einer Parodontitis zusammenhängen.
Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie möchte Sie daher über Früherkennung, Vorbeugung und Behandlungsverfahren von Erkrankungen des Zahnhalteapparates informieren. Denn eines ist sicher: Entzündungen des Zahnhalteapparates sind nicht schicksalhaft. Eine richtige Mundhygiene, ergänzt durch eine professionelle Betreuung, kann der Entstehung von Gingivitis und Parodontitis vorbeugen. Bestehende Erkrankungen sind meist heilbar, zumindest ist ein Stillstand der Erkrankung möglich. Dabei ist Ihre Mitarbeit entscheidend. Eine Verbesserung der Mundgesundheit steigert nicht nur die Lebensqualität, sondern trägt auch wesentlich zur allgemeinen Gesundheit bei.
Wie erkenne ich eine Gingivitis oder Parodontitis?
Gesundes Zahnfleisch hat eine blassrosa Farbe, füllt die Zwischenräume zwischen den Zähnen völlig aus und blutet bei Berührung nicht. Bei einer Gingivitis ist das Zahnfleisch entzündet. Es ist gerötet, geschwollen und blutet leicht. Wird die Entzündung nicht gestoppt, kann sie auf den Kieferknochen übergreifen und schubweise zu dessen Abbau führen. Die dann bestehende Parodontitis kann sich entwickeln, ohne dass der Betroffene deutliche Zeichen davon wahrnimmt. Außer gelegentlich blutendem Zahnfleisch treten eventuell auf: Mundgeruch, Änderung der Zahnstellung, länger werdende und gelockerte Zähne (im weit fortgeschrittenen Stadium) sowie gelegentlich Schmerzen. Zwischen Zahnwurzel und Zahnfleisch hat sich ein Spalt gebildet, die Zahnfleischtasche, die einen idealen Lebensraum für Bakterien darstellt. Ausgehend von dieser chronischen Infektion wird das Zahnbett durch Knochenabbau weiter zerstört. Je aggressiver die Bakterien und je schwächer die Abwehrlage des Körpers ist, desto früher und stärker tritt die Krankheit auf.
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Wie entstehen Gingivitis und Parodontitis ?
Die Entzündung des Zahnhalteapparates ist eine von Bakterien verursachte Erkrankung. Auch die gesunde Mundhöhle wird von über 300 verschiedenen Keimarten besiedelt, von denen die meisten harmlos sind. Wenn durch unzureichende Zahnreinigung die Menge der Bakterien zunimmt, gefährliche Arten vermehrt auftreten, oder wenn der Körper in seiner natürlichen Abwehr geschwächt ist, entwickeln sich Gingivitis und später Parodontitis. Ursache ist immer die Ansammlung von Bakterien auf den Zahnflächen in Form der Zahnbeläge (Plaque), die erst bei tagelangem Wachstum mit dem bloßem Auge sichtbar werden. Gifte aus dem Bakterienstoffwechsel gelangen in das Zahnfleisch. Dort lösen sie eine Reaktion der körpereigenen Abwehr aus: eine Entzündung entsteht, in deren Folge sich eine Zahnfleischtasche entwickeln kann. Wird der zunächst weiche Bakterienbelag nicht bei der Zahnpflege entfernt, verfestigt er sich durch Einlagerung von Mineralien: Es entsteht Zahnstein. Dieser fördert das Wachstum der Plaque unter den Zahnfleischsaum und die Bildung von Zahnfleischtaschen. Manchmal kann die Einnahme von bestimmten Medikamenten (blutdrucksenkende, gefäßerweiternde Mittel; Immunpräparate; Anfalldämpfung) die entzündliche Reaktion auf die Plaqueansammlung so verändern, daß deutlich sichtbare Zahnfleischwucherungen entstehen. Immer gilt jedoch: Ohne Zahnbelag keine Erkrankung
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Gesundes
Zahnfleisch Gesundes Zahnfleisch hat eine blassrosa Farbe, füllt die Zwischenräume zwischen den Zähnen vollständig aus und blutet bei Berührung nicht. Die Zähne sind belagfrei. |
Entzündetes
Zahnfleisch (Gingivitis) Erkranktes Zahnfleisch ist gerötet, blutet leicht bei Berührung und ist geschwollen. Die Zähne sind mit bakteriellen und verfärbten Belägen behaftet. |
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Welche Maßnahmen schützen vor Erkrankungen des Zahnfleisches ?
Ohne Beläge kann weder eine Gingivitis
noch eine Parodontitis entstehen!
Eine mindestens zweimal tägliche gründliche
Pflege der Zähne mit der Zahnbürste, ergänzt
durch eine einmal tägliche Reinigung der Zahnzwischenräume ist notwendig,
um die Bildung
bakterieller Zahnbeläge zu vermeiden.
Zahnbürste und Zahnpasta können nur die
Kau- und Seitenflächen der Zähne reinigen. Die
Zahnzwischenräume werden von ihnen nicht
erreicht. Noch schwieriger ist die Situation bei
schiefen Zähnen (Zahnkippungen) oder vorhandenen Füllungen und Zahnersatz.
Daher
muß der Gebrauch der Zahnbürste durch eine
einmal tägliche Reinigung der Zahnzwischenräume ergänzt werden.
Je nach Zahnstellung
und Größe der Zwischenräume werden hierzu
Zahnseide, Zahnhölzchen, Zahnzwischenraumbürsten oder Zahnfleischstimulatoren
verwendet. Medizinische Mundspüllösungen können die manuelle Reinigung
ergänzen. Manche
Produkte sollten nur über einen begrenzten
Zeitraum angewendet werden.
Die auf Ihre Belange ausgerichtete Anwendung
wird Ihnen vom zahnärztlichen Team gezeigt.
Feste Beläge und mineralisierte Auflagerungen
auf der Zahn- oder Wurzeloberfläche (Zahnstein) können
während der regelmäßigen
Kontrollen bei Ihrem Zahnarzt oder im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung
entdeckt und beseitigt werden
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Wie werden Gingivitis oder Parodontitis behandelt?
Die vollständige Beseitigung der verursachen den bakteriellen Plaque, die sich auf den Zahnund Wurzeloberflächen sowie in den Zahnfleischtaschen befindet, ist die Grundlage jeder Behandlung. Ihr Zahnarzt entscheidet je nach Schweregrad der Entzündung über die folgeden Behandlungsschritte und darüber, wer Sie neben ihm betreut: eine Prophylaxeassistentin, zahnmedizinische Fachhelferin oder Dentalhygienikerin.
Initial- oder Hygienephase: In Ihrer Zahnarzt-Praxis werden Ihnen die Ursachen der Erkrankung des Zahnhalteapparates erklärt. Durch Demonstration und Übung in der richtigen Handhabung der verschiedenen Reinigungsinstrumente lernen Sie, wie Sie Ihre Zähne und Ihr Zahnfleisch sauber halten können. Die Zähne werden von den erreichbaren Belägen und Auflagerungen befreit. Damit wird die Bakterienmenge verringert und die Entzündung geht zurück. Politur und Fluoridierung der Zahnoberflächen schließen sich an. Je nach Ausgangssituation sind mehrere Termine notwendig.
Zwischenkontrolle: Nach einigen Wochen erfolgt eine erneute Beurteilung Ihres Zahnfleisches. In fortgeschrittenen Fällen der Parodontitis wird Ihnen Ihr Zahnarzt weiterführende Behandlungsschritte vorschlagen.
Systematische und korrigierende Phase: Harte Auflagerungen und bakterielle Beläge auf der Wurzeloberfläche werden, soweit dies möglich ist, von der Zahnfleischtasche her mechanisch-instrumentell entfernt. Zahnsteinreste und Bakterien, die in tiefen Taschen und Wurzelgabelungen verblieben sind, können nur nach Freilegung entfernt werden. Hierbei wer den in örtlicher Betäubung in einem kleinen chirurgischen Eingriff die Wurzeloberflächen unter Sicht gereinigt, um möglichst jeden Bakterienschlupfwinkel zu erfassen. Bei größerem Knochenverlust besteht heute die Möglichkeit, durch spezielle Behandlungsmethoden den Verlust teilweise zu reparieren. In besonders gelagerten Fällen kann der Einsatz von Antibiotika in verschiedenen Formen angezeigt sein.
Nachsorge (Erhaltungstherapie): Der langfristige Erfolg der Parodontalbehandlung hängt von Ihrer Mitarbeit und von der regelmäßigen Betreuung durch das zahnärztliche Praxisteam ab. Im Rahmen der Nachsorge - auch Recall genannt - werden Zähne und Zahnfleisch kontrolliert und professionell gereinigt. Diese Maßnahmen sind in den meisten Fällen alle drei bis sechs Monate erforderlich
Schweregrad und Verlauf der Erkrankungen des Zahnhalteapparates werden nicht nur von Menge und Art der auslösenden Bakterien bestimmt, sondern vor allem von der individu ellen Stärke der Abwehrkräfte des Patienten und von bestimmten Risikofaktoren. Die Abwehrkraft ist vorwiegend genetisch bestimmt und lässt sich derzeit noch nicht nachhaltig verbessern. Spezielle Untersuchungen geben hierzu zusätzliche Informationen. Im Gegensatz dazu sind Risikofaktoren bekannt, die beseitigt werden sollten, um die Heilungschancen zu steigern. Dazu gehören z.B. Stress, manche Allgemeinerkrankungen (z.B. Diabetes) und vor allem das Rauchen. In zahlreichen Untersuchungen konnten die negativen Auswirkungen des Rauchens belegt werden:
» Raucher erkranken deutlich häufiger an
einer Parodontitis als Nichtraucher.
» Der Verlauf der Parodontitis ist bei Rauchern
deutlich schwerer, verbunden mit wesentlich
mehr Verlust der stützenden Gewebe. Die
Zähne werden schneller locker und gehen
häufiger verloren.
» Raucher sprechen auf die Behandlung der
Parodontitis schlechter an als Nichtraucher.
Es gibt Parodontitisfälle, die trotz Behandlung nicht ausheilen. Bei mehr
als 90% die
ser Fälle handelt es sich um Raucher.
» Zahnfleisch- und
auch Knochentransplantate
sowie künstliche Zahnwurzeln (Implantate)
heilen bei Rauchern wesentlich schlechter
ein als bei Nichtrauchern.
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Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.V.